Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, im nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen. Ich würde nicht so perfekt sein wollen, ich würde mich mehr entspannen.
Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich gewesen bin, ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen. Ich würde nicht so gesund leben. Ich würde mehr riskieren, würde mehr reisen, Sonnenuntergänge betrachten, mehr bergsteigen, mehr in Flüssen schwimmen.
Ich war einer dieser klugen Menschen, die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten. Freilich hatte ich auch Momente der Freude. Aber wenn ich noch einmal anfangen könnte, würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben. Falls du es noch nicht weißt, aus diesen besteht nämlich das Leben.
Nur aus Augenblicken. Vergiss nicht den jetzigen. Wenn ich noch einmal leben könnte, würde ich von Frühlingsbeginn an bis in den Spätherbst hinein barfuß gehen. Und ich würde mehr mit Kindern spielen, wenn ich das Leben noch vor mir hätte.
Aber siehst du – ich bin 85 Jahre alt und weiß, dass ich bald sterben werde.
Jorge Luis Borges
Leben und Werk von Jorge Luis Borges – Der Meister des Magischen Realismus
Jorge Luis Borges war ein argentinischer Schriftsteller und Dichter, der für seinen einzigartigen Schreibstil und seine außergewöhnliche Phantasie bekannt ist. Er wurde am 24. August 1899 in Buenos Aires geboren und wuchs in einer gebildeten Familie auf. Sein Vater war ein Anwalt und Dozent, der ihm die Liebe zur Literatur vermittelte.
Borges studierte in Buenos Aires und Europa, wo er mehrere Sprachen lernte und sich mit Philosophie, Literatur und Mythologie beschäftigte. Er arbeitete als Bibliothekar und war später Direktor der Nationalbibliothek Argentiniens.
In den 1920er und 1930er Jahren veröffentlichte Borges mehrere Sammlungen von Kurzgeschichten und Essays, die ihn zu einem der bekanntesten Schriftsteller Argentiniens machten. Seine Werke zeichnen sich durch eine einzigartige Kombination aus Realität und Phantasie aus, die als „Magischer Realismus“ bekannt ist.
Borges‘ bekannteste Werke sind „Fiktionen“ (1944) und „Das Aleph“ (1949). Er wurde für zahlreiche Preise nominiert und erhielt 1961 den Internationalen Lenin-Friedenspreis.
Borges verlor in den 1950er Jahren sein Augenlicht, was ihn zwang, seine Schreibweise zu ändern. Er begann, seine Geschichten und Gedichte zu diktieren, und arbeitete eng mit einem Assistenten zusammen, um sicherzustellen, dass seine Texte fehlerfrei waren.
Borges starb am 14. Juni 1986 in Genf, Schweiz. Sein Werk hatte einen enormen Einfluss auf die lateinamerikanische Literatur und die Weltliteratur insgesamt. Borges‘ Schreibstil und sein einzigartiger Blick auf die Welt werden noch immer von vielen Schriftstellern und Lesern bewundert.
Jorge Luis Borges war eine Legende der Weltliteratur, dessen Werk den „Magischen Realismus“ popularisierte und eine neue Art des Schreibens hervorbrachte, die Realität und Phantasie auf einzigartige Weise verbindet.
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