Die Froschprinzessin – ein Märchen aus Russland

Die Froschprinzessin - ein Märchen aus Russland
Novellen - Kurzgeschichten - Bücher - Daniela Noitz

Vor vielen Jahren lebte ein König, der hatte drei Söhne. Als diese das Mannesalter erreichten, rief sie der König zu sich und sagte: „Meine Söhne, die Zeit ist für Euch gekommen, Euch eine Frau zu suchen. Jeder von Euch nimmt einen Pfeil und einen Bogen, geht hinaus auf das Feld und schießt den Pfeil ab. Wo er hinfällt, wartet Euer Schicksal.“

Der Pfeil des ältesten Sohnes fiel in den Hof eines Fürsten und die Tochter des Fürsten hob ihn auf. Der Pfeil des mittleren Sohnes fiel in den Hof eines Kaufmanns, dessen Tochter ihn ebenfalls aufhob. Der Pfeil des jüngsten Sohnes, des Prinzen Iwan, flog hoch in die Luft, weit weit davon, bis niemand ihn mehr sehen konnte. Da machte sich der Prinz auf, den Pfeil zu suchen. Er lief weit durch die Welt und gelang schließlich in einen Sumpf. Dort saß ein Frosch, der seinen Pfeil in seinen Klauen hielt. Der Prinz lief nach Hause zurück und sagte zum König: „Was soll ich tun ? Ich kann doch keinen Frosch zur Frau nehmen!“ Der König antwortete: „Das musst Du aber, denn es ist Dein Schicksal.“ Iwan ging also zurück in den Sumpf und trug den Frosch von dort nach Hause. Da richtete der König drei Hochzeiten aus: Der älteste Sohn heiratete die Tochter des Fürsten, der mittlere die Tochter des Kaufmanns und Prinz Iwan, der jüngste, den Frosch.

Einige Tage später rief der König seine Söhne zu sich: „Jede eurer Frauen soll mir bis morgen ein Brot backen. Ich will wissen, welche am besten backt.“

Prinz Iwan ging betrübt nach Hause. Der Frosch fragte ihn: „Quack, quack, Iwan! Warum bis Du so traurig ?“ Der Prinz antwortete: „Bis morgen sollst Du für den König ein Brot backen!“ „Mach Dir keine Sorgen, Iwan. Leg Dich nur zu Bett, morgen schaut die Welt wieder anders aus.“ Iwan legte sich schlafen. Der Frosch hüpfte um das Haus, warf die Froschhaut ab und verwandelte sich in eine weise Jungfrau mit dem Namen Wasilisa. Sie war von solch großer Schönheit, dass Sonne, Mond und Sterne neben ihr verblassten. Sie klatsche in die Hände und rief:

„Mägde und Frauen, hierher sofort
Backt mir ein Brot an diesem Ort
Backt es geschwind bis morgen heraus
Weich und weiß wie in Väterchens Haus“

Als Prinz Iwan am nächsten Morgen erwachte, lag das Brot schon auf dem Tisch. Es war herrlich verziert mit einer Stadt mit Türmen und einer mächtigen Stadtmauer. Der Prinz freute sich, schlug das Brot in ein Tuch und brachte es zum König. Dort waren schon seine beiden Brüder mit den Broten ihrer Frauen. Der König nahm das Brot vom ältesten Sohn, betrachtete es und gab es enttäuscht seinen Dienern zum essen. Dann nahm er das Brot vom mittleren Sohn, betrachtete es auch, ließ es dann aber auch seinen Dienern zum Essen bringen. Als er danach das Brot von Prinz Iwan genommen hatte, rief er: „Was für ein herrliches Brot! Gut genug, um an einem Feiertag verzehrt zu werden!“ Und so hatte der Frosch das beste Brot gebacken.

Ein paar Tage später ließ der König seine Söhne wieder zu sich kommen: „Ich will wissen, welche von euren Frauen am geschicktesten im Weben ist. Bis morgen soll mir jede Eurer Frauen einen Teppich weben.“

Iwan ging wieder traurig heim und setzte sich. Der Frosch hüpfte zu ihm und fragte: „Was macht Dich so traurig, Iwan ?“ „Der König will, dass Du bis morgen einen Teppich webst!“ Der Frosch antwortet „Sei nicht besorgt, Iwan! Leg du dich nur schlafen, morgen schaut die Welt wieder anders aus.“ Der Frosch hüpfte aus dem Haus, warf die Froschhaut ab und verwandelte sich wieder in die wunderschöne weise Jungfrau Wasilisa. Sie klatschte wieder in die Hände und rief:

„Mägde und Frauen, hierher sofort
Webt einen Teppich an diesem Ort
Webt ihn geschwind bis morgen heraus
Prächtig und schön wie in Väterchens Haus“

Als Iwan am nächsten Morgen aufwachte, war der Frosch wieder bei ihm und neben ihm lag der fertige Teppich. Er war gewebt mit Gold und Silber, mächtige Städte, Berge und Wälder, liebliche Dörfer und Seen, ein ganzes Königreich war kunstvoll hineingewebt. Iwan freute sich und brachte den Teppich dem König. Der nahm gerade die Teppiche der beiden anderen Söhne entgegen. Der älteste Sohn rollte seinen aus und überreichte ihn seinem Vater. Doch dieser sprach: „Das ist kein schöner Teppich. Der taugt höchstens, um ihn vor die Tür zu legen.“ Der mittlere Sohn rollte ebenfalls seinen Teppich aus und reichte ihn dem Vater. „Auch dieser ist nicht schön. Der kann höchstens zum Abtreten der Füße dienen.“

Nun rollte Iwan seinen Teppich aus. Der König betrachtete ihn und rief: „Das ist ein prächtiger Teppich. Gut genug, um vor dem Thron eines Königs zu liegen.“ Und der König wies seine Söhne an, am nächsten Tag zu einem Festmahl bei ihm zu erscheinen. Das machte Iwan wieder traurig und betrübt und mit hängender Schulter ging er nach Hause zurück. Der Frosch saß auf dem Boden und fragte ihn:

„Quack, quack, warum bist Du wieder so traurig, Iwan? War Dein Vater, der König böse zu Dir?“

„Fröschchen, Fröschchen, wie sollte ich nicht traurig sein! Mein Vater befielt uns beide morgen zu einem Festmahl zu sich. Alle werden uns verspotten – ein Paar aus einem Prinzen und einem Frosch.“

Der Frosch antwortete: „Sei doch nicht traurig, Iwan. Geh erst mal alleine zum Fest, ich komm dann nach. Und wenn Du es krachen und poltern hörst, so musst Du nicht erschrecken. Sag einfach, ´Da kommt mein Fröschchen in einem Kästchen gefahren‘.“

So ging der Prinz erst einmal alleine zum Festmahl. Seine Brüder kamen mit ihren Frauen, die waren prächtig geputzt, gepudert und geschmückt nach ihrem Stand. Sie betrachteten Iwan und lachten ihn aus. „Wo ist denn Deine Frau? Du hättest sie doch in einem Taschentuch mitbringen können. Sie ist doch so eine bezaubernde Schönheit! Bestimmt ist sie der schönste Frosch in allen Wassern der Welt!“

Nachdem sie ihren Spott mit ihm getrieben hatten setzten sie sich zum König und seinen Gästen an die Tafel. Da hörten sie ein Krachen und Poltern, dass der Boden zu beben schien. Die Gäste erschraken, doch Iwan sprach: „Habt keine Furcht! Das kommt bloß mein Fröschchen gefahren!“

Und schon kam eine goldene Kutsche an die Türschwelle gefahren, die von sechs Schimmeln gezogen wurde. Heraus stieg Wasilisa – eine Schönheit wie aus dem Märchenbuch. Sie nahm den Prinzen Iwan an die Hand und ging mit ihm zu den schweren Eichentischen, auf denen die erlesensten Speisen standen. Die Gesellschaft speiste und trank und war guter Dinge. Wasilisa hob das Glas an die Lippen. Was sie aber nicht trank, schüttete sie in den linken Ärmel ihres Kleides. Auch aß sie vom gebratenen Schwan, steckte aber die Knochen in den rechten Ärmel. Die Ehefrauen der anderen Prinzen bemerkten es und machten – noch beeindruckt von ihrer Kunst des Backens und Webens – dasselbe.

Nach dem Mahl begann der Tanz. Wasilisa nahm Iwans Arm und tanzte mit ihm im Kreis, sie wirbelten herum, dass sie alle anderen Gäste in Erstaunen versetzten. Da schüttelte Wasilisa ihren linken Ärmel und neben ihr entstand ein See und sie schüttelte den rechten Ärmel, da schwammen in dem See prächtige weiße Schwäne. Nun wollten es auch die Ehefrauen der anderen Prinzen versuchen. Sie tanzten und schüttelten ebenfalls ihre linken Ärmel, aber sie machten nur die andere Gäste nass. Als sie dann ihre rechten Ärmel schüttelten, flogen die abgenagten Schwanenknochen nur so durch die Luft und einer sogar dem König ins Auge. Da wurde dieser sehr böse und jagte sie aus dem Saal hinaus.

Inzwischen war Prinz Iwan heimlich nach Hause geschlichen. Dort fand er die abgestreifte Froschhaut seiner Gemahlin. Er machte den Ofen auf und warf sie hinein, so dass sie verbrannte. Als auch Wasilisa heimkam, suchte sie vergeblich nach der Froschhaut. Betrübt sank sie auf die Bank und meinte niedergeschlagen zu Iwan:

„Ach Iwan, was hast Du gemacht? Hättest Du nur noch drei Tage gewartet, ich wäre für immer dein gewesen! Jetzt muss ich gehen. Willst Du mich finden, so musst Du hinter dreimal neun Ländern im dreimal zehnten Reich suchen. Dort fragst Du nach Koschej, dem Unsterblichen. Dorthin muss ich jetzt ziehen.“ Dann verwandelte sich Wasilisa in einen Schwan und flog aus dem Fenster hinaus. Iwan vergoss große Tränen, packte seine Sachen und ging in die weite Welt hinaus, um seine Liebste zu finden. Er zog überall durch die Lande, viele Tage, bis seine Stiefel durchgelaufen waren. Er wanderte, bis sein Rock zerriss und seine Mütze unter dem Regen ganz unansehnlich geworden war. Nach langer Zeit traf er auf seinem Weg ein uraltes Männlein. Dieser begrüßte ihn freundlich. „Grüß Gott, Wanderer. Wohin des Weges ?“ Prinz Iwan erzählte ihm von seiner Suche. Da sprach das Männlein:

„Ach Prinz, warum hast Du die Froschhaut verbrannt? Du hast sie ihr nicht gegeben, Du hättest sie ihr auch nicht wegnehmen dürfen. Wasilisa war klüger als ihr Vater und weil er deshalb einen so großen Ärger empfang, verzauberte er sie für drei Jahre in einen Frosch. Nur drei Mal durfte sie sich in dieser Zeit für eine Nacht zurück in eine Frau verwandeln. Wurde in dieser Zeit ihre abgestreifte Froschhaut zerstört, so musste sie die Gefangene des bösen Koschej werden. Aber jetzt ist nichts mehr zu ändern. Da, hast Du einen Knäuel Garn, wohin er rollt, dorthin musst du gehen.“

Iwan dankte dem Männlein, warf den Knäuel auf den Boden und lief ihm nach, wohin er rollte. Nach einer Weile traf er einen Bären. Er legte einen Pfeil in seinen Bogen, um ihn zu erlegen. Da sprach der Bär:

„Töte mich nicht, Iwan. Eines Tages kann ich Dir nützlich sein.“

Da tat Iwan der Bär leid. Er verschonte den Bären und ging weiter dem rollenden Knäuel hinterher. Nach einer Weile sah er in der Luft eine Ente fliegen. Er zog erneut einen Pfeil aus seinem Köcher, legte ihn in den Bogen und wollte die Ente jagen. Diese aber sprach:

„Töte mich nicht, Iwan. Eines Tages kann ich Dir nützlich sein.“

Iwan verschonte auch die Ente und ging wieder weiter. Da sprang ein Häschen über seinen Weg. Wieder wollte Iwan ihn erlegen, aber auch der Hase sprach:

„Töte mich nicht, Iwan. Eines Tages kann ich Dir nützlich sein.“

Der Prinz verschonte auch den Hasen und ging weiter. So kam er an das große Meer. Am Strand lag im Sand ein Hecht. Er schnappte nach Luft und sprach:

„Rette mich, Iwan. Eines Tages kann ich Dir nützlich sein.“

Iwan warf den Hecht ins Meer und lief am Meeresufer entlang. Der Knäuel rollte weiter in einen Wald. Dort stand eine Hütten auf großen Beinen, die ausschauten wie die von einem Huhn und drehte sich darauf im Kreise. Da sprach Iwan:

„Hüttchen, Hüttchen, stehe still,
wie ich es jetzt gerne will.
Dreh den Rücken zu dem Wald
Und die Türe zu mir bald.“

Da blieb das Hüttchen stehen, genau so, dass seine Tür zu Iwan zeigte. Er ging hinein und sah auf dem Ofen eine Hexe sitzen. Es war eine sehr berühmte Hexe, die Baba-Jaga hieß und ihre knorrigen Beine baumelten vom Ofenrand herunter, während sie ihre Nase nach oben reckte.

„Was führt dich zu mir, braver Mann?“ fragte die Hexe „suchst Du etwas oder rennst Du vor etwas davon ?“ Iwan antwortete: „ Ach, mach mir lieber etwas zu essen und zu trinken und bereite mir ein Bad. Fragen stellen kannst Du auch später.“

Baba-Jaga richtete ihm ein Bad, setzte im zu essen und trinken vor und zeigte im einen Platz zum schlafen. Da erzählte ihr Iwan, dass er Wasilisa, seine liebste Frau suche. „Ich weiß, ich weiß“ sagte Baba-Jaga und sprach weiter: „Deine Frau ist bei Koschej, dem Unsterbliche. Sie zu befreien, ist schwierig, denn es ist nicht leicht, Koschej zu besiegen. Seit Tod sitzt auf der Spitze einer Nadel, die Nadel ist versteckt in einem Ei, das Ei in einer Ente, die Ente in einem Hasen, der Hase sitzt in einem Kasten aus Stein, der Kasten aber steht auf einer hohen Eiche, die von Koschej streng bewacht wird.“

Iwan übernachtete bei der Hexe und zeigte ihm am nächsten Morgen den Weg zu der Eiche. Er ging zu dem Baum und hörte das Rauschen seiner Blätter im Wind. Als er an der Eiche nach oben schaute, erblickte er den steinernen Kasten. Wie sollte er sie nur herunter holen? Da kam der Bär gelaufen, dem Iwan das Leben geschenkt hatte, packte die Eiche und riss sie mit den Wurzeln aus. Der Kasten fiel herunter und zersprang in tausend Stücke. Aus der Truhe sprang ein Hase, der gleich in den Wald hoppelte. Da rannte ihm der Hase, den Iwan ebenfalls verschont hatte, hinterher, holte ihn ein und zerriss ihn in zwei Stücke. Aus dem Hasen flog eine Ente heraus und flog in die Luft, höher und höher. Da kam die Ente angeflogen, die Iwan nicht gejagt hatte, rammte die andere Ente in der Luft, so dass ihr das Ei verlor. Es fiel herunter ins Meer, wo es der Hecht auffing, den Iwan gerettet hatte, der es an Land brachte. Iwan zerbrach das Ei, holte die Nadel heraus und brach ihre Spitze ab. Im gleichen Moment fiel Koschej zu Boden und es war mit ihm zu Ende.

Da ging Iwan in Koschejs Gemächer, die aus reinem Marmor waren. Wasilisa kam ihm schon entgegen gelaufen, nahm ihn in den Arm und gab ihm einen tiefen Kuss. Prinz Iwan und Wasilisa kehrten nach Hause zurück und lebten glücklich bis an ihr Ende.

Alexander Nikolajewitsch Afanasjew – aus Russland 

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