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Der große und der kleine Klaus - ein Märchen von Hans Christian Andersen - 😍 Weil es dich gibt

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"Das Leben besteht nicht darin, zu warten, dass der Sturm vorbeizieht, sondern zu lernen, im Regen zu tanzen."

Der große und der kleine Klaus – ein Märchen von Hans Christian Andersen

Der große und der kleine Klaus - Märchen von Hans Christian Andersen
Der große und der kleine Klaus - Märchen von Hans Christian Andersen

In einem Dorfe wohnten zwei Leute, die beide denselben Namen hatten. Beide hießen Klaus, aber der eine besaß vier Pferde und der andere nur ein einziges. Um sie nun voneinander unterscheiden zu können, nannte man den, der vier Pferde besaß, den großen Klaus, und den, der nur ein einziges hatte, den kleinen Klaus. Nun wollen wir hören, wie es den beiden erging, denn es ist eine wahre Geschichte.

Die ganze Woche hindurch musste der kleine Klaus für den großen Klaus pflügen und ihm sein einziges Pferd leihen, dann half der große Klaus ihm wieder mit allen seinen vieren, aber nur einmal wöchentlich, und das war des Sonntags. Hussa, wie klatschte der kleine Klaus mit seiner Peitsche über alle fünf Pferde! Sie waren ja nun so gut wie sein an dem einen Tage. Die Sonne schien herrlich, und alle Glocken im Kirchturm läuteten zur Kirche, die Leute waren alle geputzt und gingen mit dem Gesangbuch unter dem Arme, den Prediger zu hören, und sie sahen den kleinen Klaus, der mit fünf Pferden pflügte, und er war so vergnügt, dass er wieder mit der Peitsche klatschte und rief: „Hü, alle meine Pferde!“ „So musst du nicht sprechen“, sagte der große Klaus, „das eine Pferd ist ja nur dein!“ Aber als wieder jemand vorbeiging, vergaß der kleine Klaus, dass er es nicht sagen sollte, und da rief er: „Hü, alle meine Pferde!“ „Nun ersuche ich dich amtlich, dies zu unterlassen“, sagte der große Klaus; „denn sagst du es noch einmal, so schlage ich dein Pferd vor den Kopf, dass es auf der Stelle tot ist.“ „Ich will es wahrlich nicht mehr sagen!“ sagte der kleine Klaus.

Aber als da Leute vorbeikamen und ihm guten Tag zunickten, wurde er sehr erfreut und dachte, es sehe doch recht gut aus, daß er fünf Pferde habe, sein Feld zu pflügen, und da klatschte er mit der Peitsche und rief: „Hü, alle meine Pferde!“ „Ich werde deine Pferde hüten!“ sagte der große Klaus, nahm einen Hammer und schlug des kleinen Klaus einziges Pferd vor den Kopf, daß es umfiel und tot war. „Ach nun habe ich gar kein Pferd mehr!“ sagte der kleine Klaus und fing an zu weinen. Später zog er dem Pferde die Haut ab und ließ sie gut im Winde trocknen, steckte sie dann in einen Sack, den er auf die Schulter warf, und machte sich nach der Stadt auf den Weg, um seine Pferdehaut zu verkaufen.

Er hatte einen sehr weiten Weg zu gehen, musste durch einen großen, dunklen Wald, und nun wurde es gewaltig schlechtes Wetter. Er verirrte sich gänzlich, und ehe er wieder auf den rechten Weg kam, war es Abend und allzu weit, um zur Stadt oder wieder nach Hause zu gelangen, bevor es Nacht wurde. Dicht am Wege lag ein großer Bauernhof; die Fensterladen waren draußen vor den Fenstern geschlossen, aber das Licht konnte doch darüber hinausscheinen. „Da werde ich wohl Erlaubnis erhalten können, die Nacht über zu bleiben“, dachte der kleine Klaus und klopfte an. Die Bauersfrau machte auf; als sie aber hörte, was er wollte, sagte sie, er solle weitergehen, ihr Mann sei nicht zu Hause, und sie nehme keine Fremden herein. „Nun, so muss ich draußen liegenbleiben“, sagte der kleine Klaus, und die Bauersfrau schlug ihm die Tür vor der Nase zu.

Dicht daneben stand ein großer Heuschober, und zwischen diesem und dem Wohnhaus war ein kleiner Geräteschuppen mit einem flachen Strohdache gebaut. „Da oben kann ich liegen“, sagte der kleine Klaus, als er das Dach erblickte; „das ist ja ein herrliches Bett. Der Storch fliegt wohl nicht herunter und beißt mich in die Beine.“ Denn ein Storch hatte sein Nest auf dem Dache. Nun kroch der kleine Klaus auf den Schuppen hinauf, streckte sich hin und drehte sich, um recht gut zu liegen. Die hölzernen Laden vor den Fenstern schlossen oben nicht zu, und so konnte er gerade in die Stube hineinblicken. Da war ein großer Tisch gedeckt, mit Wein und Braten und einem herrlichen Fisch darauf; die Bauersfrau und der Küster saßen bei Tische und sonst niemand anders, sie schenkte ihm ein, und er gabelte in den Fisch, denn das war sein Leibgericht. „Wer doch etwas davon abbekommen könnte!“ dachte der kleine Klaus und streckte den Kopf gerade gegen das Fenster. Einen herrlichen Kuchen sah er auch im Zimmer stehen! Ja, das war ein Fest!

Nun hörte er jemand von der Landstraße her gegen das Haus reiten; das war der Mann der Bauersfrau, der nach Hause kam. Das war ein ganz guter Mann, aber er hatte die wunderliche Eigenheit, dass er es nie ertragen konnte, einen Küster zu sehen; kam ihm ein Küster vor die Augen, so wurde er ganz rasend. Deshalb war es auch, dass der Küster zu seiner Frau hineingegangen war, um ihr guten Tag zu sagen, weil er wusste, dass der Mann nicht zu Hause sei, und die gute Frau setzte ihm dafür das herrlichste Essen vor. Als sie nun den Mann kommen hörten, erschraken sie sehr, und die Frau bat den Küster, in eine große, leere Kiste hineinzukriechen, denn er wusste ja, dass der arme Mann es nicht ertragen konnte, einen Küster zu sehen.

Die Frau versteckte geschwind all das herrliche Essen und den Wein in ihrem Backofen, denn hätte der Mann das zu sehen bekommen, so hätte er sicher gefragt, was es zu bedeuten habe. „Ach ja!“ seufzte der kleine Klaus oben auf seinem Schuppen, als er all das Essen verschwinden sah. „Ist jemand dort oben?“ fragte der Bauer und sah nach dem kleinen Klaus hinauf. „Warum liegst du dort? Komm lieber mit in die Stube.“ Nun erzählte der kleine Klaus, wie er sich verirrt habe, und bat, daß er die Nacht über bleiben dürfe. „Ja freilich“, sagte der Bauer, „aber wir müssen zuerst etwas zu leben haben!“ Die Frau empfing beide sehr freundlich, deckte einen langen Tisch und gab ihnen eine große Schüssel voll Grütze. Der Bauer war hungrig und aß mit rechtem Appetit, aber der kleine Klaus konnte nicht unterlassen, an den herrlichen Braten, Fisch und Kuchen, die er im Ofen wusste, zu denken.

Unter den Tisch zu seinen Füßen hatte er den Sack mit der Pferdehaut gelegt, die er in der Stadt hatte verkaufen wollen. Die Grütze wollte ihm nicht schmecken, da trat er auf seinen Sack, und die trockene Haut im Sacke knarrte laut. „St!“ sagte der kleine Klaus zu seinem Sacke, trat aber zu gleicher Zeit wieder darauf; da knarrte es weit lauter als zuvor. „Ei, was hast du in deinem Sacke?“ fragte der Bauer darauf. „Oh, es ist ein Zauberer“, sagte der kleine Klaus; „er sagt, wir sollen doch keine Grütze essen, er habe den ganzen Ofen voll Braten, Fische und Kuchen gehext.“ „Ei der tausend!“ sagte der Bauer und machte schnell den Ofen auf, wo er all die prächtigen, leckeren Speisen erblickte, die nach seiner Meinung der Zauberer im Sack für sie gehext hatte. Die Frau durfte nichts sagen, sondern setzte sogleich die Speisen auf den Tisch, und so aßen beide vom Fische, vom Braten und von dem Kuchen.

Nun trat der kleine Klaus wieder auf seinen Sack, dass die Haut knarrte. „Was sagt er jetzt?“ fragte der Bauer. „Er sagt“, erwiderte der kleine Klaus, „dass er auch drei Flaschen Wein für uns gehext hat; sie stehen dort in der Ecke beim Ofen!“ Nun musste die Frau den Wein hervorholen, den sie verborgen hatte, und der Bauer trank und wurde lustig. Einen solchen Zauberer, wie der kleine Klaus im Sacke hatte, hätte er gar zu gern gehabt. „Kann er auch den Teufel hervorhexen?“ fragte der Bauer. „Ich möchte ihn wohl sehen, denn nun bin ich lustig!“ „Ja“, sagte der kleine Klaus, „mein Zauberer kann alles, was ich verlange. Nicht wahr, du?“ fragte er und trat auf den Sack, daß es knarrte. „Hörst du? Er sagt ja! Aber der Teufel sieht hässlich aus, wir wollen ihn lieber nicht sehen!“ „Oh, mir ist gar nicht bange; wie mag er wohl aussehen?“ „Ja, er wird sich ganz leibhaftig als ein Küster zeigen!“ „Hu!“ sagte der Bauer, „das ist hässlich! Ihr müsst wissen, ich kann nicht ertragen, einen Küster zu sehen! Aber es macht nichts, ich weiß ja, dass es der Teufel ist, so werde ich mich wohl leichter darein finden! Nun habe ich Mut, aber er darf mir nicht zu nahe kommen.“

„Ich werde meinen Zauberer fragen“, sagte der kleine Klaus, trat auf den Sack und hielt sein Ohr hin. „Was sagt er?“ „Er sagt, Ihr könnt hingehen und die Kiste aufmachen, die dort in der Ecke steht, so werdet Ihr den Teufel sehen, wie er darin kauert; aber Ihr müsst den Deckel halten, dass er nicht entwischt.“ „Wollt Ihr mir helfen, ihn zu halten?“ bat der Bauer und ging zu der Kiste hin, wo die Frau den Küster verborgen hatte, der darin saß und sich sehr fürchtete. Der Bauer öffnete den Deckel ein wenig und sah unter ihn hinein. „Hu!“ schrie er und sprang zurück. „Ja, nun habe ich ihn gesehen, er sah ganz aus wie unser Küster! Das war schrecklich!“ Darauf musste getrunken werden, und so tranken sie denn noch lange in die Nacht hinein.

„Den Zauberer musst du mir verkaufen“, sagte der Bauer; „verlange dafür, was du willst! Ja, ich gebe dir gleich einen ganzen Scheffel Geld!“ „Nein, das kann ich nicht!“ sagte der kleine Klaus. „Bedenke doch, wieviel Nutzen ich von diesem Zauberer haben kann.“ „Ach, ich möchte ihn sehr gern haben“, sagte der Bauer und fuhr fort zu bitten. „Ja“, sagte der kleine Klaus zuletzt, „da du so gut gewesen bist, mir diese Nacht Obdach zu gewähren, so mag es sein. Du sollst den Zauberer für einen Scheffel Geld haben, aber ich will den Scheffel gehäuft voll haben.“ „Das sollst du bekommen“, sagte der Bauer, „aber die Kiste dort musst du mit dir nehmen; ich will sie nicht eine Stunde länger im Hause behalten; man kann nicht wissen, vielleicht sitzt er noch darin.“ Der kleine Klaus gab dem Bauer seinen Sack mit der trocknen Haut darin und bekam einen ganzen Scheffel Geld, gehäuft gemessen, dafür. Der Bauer schenkte ihm sogar noch einen großen Karren, um das Geld und die Kiste darauf fortzufahren. „Lebe wohl!“ sagte der kleine Klaus. Dann fuhr er mit seinem Gelde und der großen Kiste, worin noch der Küster saß, davon.

Auf der anderen Seite des Waldes war ein großer, tiefer Fluss; das Wasser floss so reißend darin, dass man kaum gegen den Strom anschwimmen konnte; man hatte eine große, neue Brücke darüber geschlagen; der kleine Klaus hielt mitten auf ihr an und sagte ganz laut, damit der Küster in der Kiste es hören könne: „Was soll ich doch mit der dummen Kiste machen? Sie ist so schwer, als ob Steine drin wären! Ich werde nur müde davon, sie weiterzufahren; ich will sie in den Fluss werfen; schwimmt sie zu mir nach Hause, so ist es gut, wo nicht, so hat es auch nichts zu sagen.“ Darauf fasste er die Kiste mit der einen Hand an und hob sie ein wenig auf, gerade als ob er sie in das Wasser werfen wollte. „Nein, lass das sein!“ rief der Küster innerhalb der Kiste. „Lass mich erst heraus!“ „Hu!“ sagte der kleine Klaus und tat, als fürchte er sich. „Er sitzt noch darin! Da muss ich ihn geschwind in den Fluss werfen, damit er ertrinkt!“ „O nein, o nein!“ sagte der Küster; „ich will dir einen ganzen Scheffel Geld geben, wenn du mich gehen lässt!“ „Ja, das ist etwas anderes!“ sagte der kleine Klaus und machte die Kiste auf.

Der Küster kroch schnell heraus, stieß die leere Kiste in das Wasser hinaus und ging nach seinem Hause, wo der kleine Klaus einen ganzen Scheffel Geld bekam; einen hatte er von dem Bauer erhalten, nun hatte er also seinen ganzen Karren voll Geld. „Sieh, das Pferd erhielt ich ganz gut bezahlt!“ sagte er zu sich selbst, als er zu Hause in seiner eigenen Stube war und alles Geld auf einen Berg mitten in der Stube ausschüttete. Das wird den großen Klaus ärgern, wenn er erfährt, wie reich ich durch ein einziges Pferd geworden bin; aber ich will es ihm doch nicht geradeheraus sagen.“ Nun sandte er einen Knaben zum großen Klaus hin, um sich ein Scheffelmaß zu leihen. „Was mag er wohl damit machen wollen?“ dachte der große Klaus und schmierte Teer auf den Boden, damit von dem, was gemessen wurde, etwas daran hängen bleiben könnte. Und so kam es auch; denn als er das Scheffelmaß zurückerhielt, hingen drei Taler daran. „Was ist das?“ sagte der große Klaus und lief sogleich zu dem kleinen.

„Wo hast du all das Geld bekommen?“ „Oh, das ist für meine Pferdehaut! Ich verkaufte sie gestern Abend.“ „Das war wahrlich gut bezahlt!“ sagte der große Klaus, lief geschwind nach Hause, nahm eine Axt und schlug alle seine vier Pferde vor den Kopf, zog ihnen die Haut ab und fuhr mit diesen Häuten zur Stadt. „Häute! Häute! Wer will Häute kaufen?“ rief er durch die Straßen. Alle Schuhmacher und Gerber kamen gelaufen und fragten, was er dafür haben wolle. „Einen Scheffel Geld für jede“, sagte der große Klaus. „Bist du toll?“ riefen alle. „Glaubst du, wir haben das Geld scheffelweise?“ „Häute! Häute! Wer will Häute kaufen?“ rief er wieder, aber allen denen, die ihn fragten, was die Häute kosten sollten erwiderte er: „Einen Scheffel Geld.“ „Er will uns foppen“, sagten alle, und da nahmen die Schuhmacher ihre Spannriemen und die Gerber ihre Schurzfelle und fingen an, auf den großen Klaus loszuprügeln. „Häute! Häute!“ riefen sie ihm nach; „ja, wir wollen dir die Haut gerben! Hinaus aus der Stadt mit ihm!“ riefen sie, und der große Klaus musste laufen, was er nur konnte.

So war er noch nie durchgeprügelt worden. „Na“, sagte er, als er nach Hause kam, „dafür soll der kleine Klaus bestraft werden! Ich will ihn totschlagen!“ Zu Hause beim kleinen Klaus war die alte Großmutter gestorben; sie war freilich recht böse und schlimm gegen ihn gewesen, aber er war doch betrübt, nahm die tote Frau und legte sie in sein warmes Bett, um zu sehen, ob sie nicht zum Leben zurückkehren werde. Da sollte sie die ganze Nacht liegen, er selbst wollte im Winkel sitzen und auf einem Stuhle schlafen; das hatte er schon früher getan. Als er da in der Nacht saß, ging die Tür auf, und der große Klaus kam mit einer Axt herein; er wusste wohl, wo des kleinen Klaus Bett stand, ging gerade darauf los und schlug nun die alte Großmutter vor den Kopf, denn er glaubte, dass der kleine Klaus dort in seinem Bett liege. „Sieh“, sagte er, „nun sollst du mich nicht mehr zum besten haben!“ Und dann ging er wieder nach Hause.

„Das ist doch ein recht böser Mann!“ sagte der kleine Klaus; „da wollte er mich totschlagen! Es war doch gut für die alte Mutter, daß sie schon tot war, sonst hätte er ihr das Leben genommen!“ Nun legte er der alten Großmutter Sonntagskleider an, lieh sich von dem Nachbar ein Pferd, spannte es vor den Wagen und setzte die alte Großmutter auf den hintersten Sitz, so dass sie nicht hinausfallen konnte, wenn er fuhr, und so rollten sie von dannen durch den Wald. Als die Sonne aufging, waren sie vor einem großen Wirtshause, da hielt der kleine Klaus an und ging hinein, um etwas zu genießen. Der Wirt hatte sehr viel Geld, er war auch ein recht guter, aber hitziger Mann, als wären Pfeffer und Tabak in ihm. „Guten Morgen!“ sagte er zum kleinen Klaus. „Du bist heute früh ins Zeug gekommen!“ „Ja“, sagte der kleine Klaus, „ich will mit meiner Großmutter zur Stadt; sie sitzt draußen auf dem Wagen, ich kann sie nicht in die Stube hereinbringen. Wollt Ihr der Alten nicht ein Glas Kümmel geben? Aber Ihr müsst recht laut sprechen, denn sie hört nicht gut.“ „Ja, das will ich tun!“ sagte der Wirt und schenkte ein großes Glas Kümmel ein, mit dem er zur toten Großmutter hinausging, die in dem Wagen aufrecht gesetzt war.

„Hier ist ein Glas Kümmel von Ihrem Sohne!“ sagte der Wirt, aber die tote Frau erwiderte kein Wort, sondern saß ganz still und teilnahmslos, als ob sie alles nichts anginge. „Hört Ihr nicht?“ rief der Wirt, so laut er konnte. „Hier ist ein Glas Kümmel von Ihrem Sohne!“ Noch einmal rief er und dann noch einmal, aber da sie sich durchaus nicht rührte, wurde er ärgerlich und warf ihr das Glas in das Gesicht, so daß ihr der Kümmel gerade über die Nase lief und sie hintenüber fiel, denn sie war nur aufgesetzt und nicht festgebunden. „Heda!“ rief der kleine Klaus, sprang zur Tür heraus und packte den Wirt an der Brust, „da hast du meine Großmutter erschlagen! Siehst du, da ist ein großes Loch in ihrer Stirn!“ „Oh, das ist ein Unglück!“ rief der Wirt und schlug die Hände über dem Kopfe zusammen; „das kommt alles von meiner Heftigkeit! Lieber, kleiner Klaus, ich will dir einen Scheffel Geld geben und deine Großmutter begraben lassen, als wäre es meine eigene, aber schweige nur still, sonst wird mir der Kopf abgeschlagen, und das wäre mir unangenehm.“ So bekam der kleine Klaus einen ganzen Scheffel Geld, und der Wirt begrub die alte Großmutter so, als ob es seine eigene gewesen wäre.

Als nun der kleine Klaus wieder mit dem vielen Gelde nach Hause kam, schickte er gleich seinen Knaben hinüber zum großen Klaus, um ihn bitten zu lassen, ihm ein Scheffelmaß zu leihen. „Was ist das?“ sagte der große Klaus. „Habe ich ihn nicht totgeschlagen? Da muss ich selbst nachsehen!“ Und so ging er selbst mit dem Scheffelmaß zum kleinen Klaus. „Wo hast du doch all das Geld bekommen?“ fragte er und riß die Augen auf, als er alles das erblickte, was noch hinzugekommen war. „Du hast meine Großmutter, aber nicht mich erschlagen!“ sagte der kleine Klaus. „Die habe ich nun verkauft und einen Scheffel Geld dafür bekommen!“ „Das ist wahrlich gut bezahlt!“ sagte der große Klaus, eilte nach Hause, nahm eine Axt und schlug seine alte Großmutter tot, legte sie auf den Wagen, fuhr mit ihr zur Stadt, wo der Apotheker wohnte, und fragte, ob er einen toten Menschen kaufen wollte. „Wer ist es, und woher habt Ihr ihn?“ fragte der Apotheker. „Es ist meine Großmutter!“ sagte der große Klaus. „Ich habe sie totgeschlagen, um einen Scheffel Geld dafür zu bekommen!“ „Gott bewahre uns!“ sagte der Apotheker. „Ihr redet irre! Sagt doch nicht dergleichen, sonst könnt Ihr den Kopf verlieren!“

Und nun sagte er ihm gehörig, was das für eine böse Tat sei, die er begangen habe und was für ein schlechter Mensch er sei und dass er bestraft werden müsse. Da erschrak der große Klaus so sehr, daß er von der Apotheke gerade in den Wagen sprang und auf die Pferde schlug und nach Hause fuhr; aber der Apotheker und alle Leute glaubten, er sei verrückt, und deshalb ließen sie ihn fahren, wohin er wollte. „Das sollst du mir bezahlen!“ sagte der große Klaus, als er draußen auf der Landstraße war, ja, ich will dich bestrafen, kleiner Klaus!“ Sobald er nach Hause kam, nahm er den größten Sack, den er finden konnte, ging hinüber zum kleinen Klaus und sagte: „Nun hast du mich wieder gefoppt; erst schlug ich meine Pferde tot, dann meine alte Großmutter; das ist alles deine Schuld; aber du sollst mich nie mehr foppen!“

Da packte er den kleinen Klaus um den Leib und steckte ihn in seinen Sack, nahm ihn so auf seinen Rücken und rief ihm zu: „Nun gehe ich und ertränke dich!“ Es war ein weiter Weg, den er zu gehen hatte, bevor er zu dem Fluße kam, und der kleine Klaus war nicht leicht zu tragen. Der Weg ging dicht bei der Kirche vorbei; die Orgel ertönte, und die Leute sangen schön darinnen. Da setzte der große Klaus seinen Sack mit dem kleinen Klaus darin dicht bei der Kirchtür nieder und dachte, es könne wohl ganz gut sein, hineinzugehen und einen Psalm zu hören, ehe er weitergehe; der kleine Klaus konnte ja nicht herauskommen, und alle Leute waren in der Kirche. So ging er denn hinein. „Ach Gott, ach Gott!“ seufzte der kleine Klaus im Sack und drehte und wandte sich, aber es war ihm nicht möglich, das Band aufzulösen.

Da kam ein alter, alter Viehtreiber daher, mit schneeweißem Haar und einem großen Stab in der Hand; er trieb eine ganze Herde Kühe und Stiere vor sich her, die liefen an den Sack, in dem der kleine Klaus saß, so daß er umgeworfen wurde. „Ach Gott!“ seufzte der kleine Klaus, „ich bin noch so jung und soll schon ins Himmelreich!“ „Und ich Armer“, sagte der Viehtreiber, „ich bin schon so alt und kann noch immer nicht dahin kommen!“ „Mache den Sack auf!“ rief der kleine Klaus. „Krieche statt meiner hinein, so kommst du sogleich ins Himmelreich!“ „Ja, das will ich herzlich gern“, sagte der Viehtreiber und band den Sack auf, aus dem der kleine Klaus sogleich heraussprang. „Willst du nun auf das Vieh achtgeben?“ fragte der alte Mann. Dann kroch er in den Sack hinein, der kleine Klaus band den Sack wieder zu und zog dann mit allen Kühen und Stieren seines Weges. Bald darauf kam der große Klaus aus der Kirche. Er nahm seinen Sack wieder auf den Rücken, obgleich es ihm schien, als sei der leichter geworden, denn der alte Viehtreiber war nur halb so schwer wie der kleine Klaus.

Wie leicht ist er doch zu tragen geworden! Ja, das kommt daher, daß ich einen Psalm gehört habe!“ So ging er nach dem Flusse, der tief und groß war, warf den Sack mit dem alten Viehtreiber ins Wasser und rief hintendrein, denn er glaubte ja, daß es der kleine Klaus sei: „Sieh, nun sollst du mich nicht mehr foppen!“ Darauf ging er nach Hause; aber als er an die Stelle kam, wo die Wege sich kreuzten, begegnete er ganz unerwartet dem kleinen Klaus, der all sein Vieh dahertrieb. „Was ist das?“ fragte der große Klaus. „Habe ich dich nicht vor kurzer Zeit ertränkt?“ „Ja“, sagte der kleine Klaus, „du warfst mich ja vor einer halben Stunde in den Fluss hinunter!“ „Aber wo hast du all das herrliche Vieh bekommen?“ fragte der große Klaus. „Das ist Seevieh!“ sagte der kleine Klaus.

„Ich will dir die Geschichte erzählen und dir Dank sagen, dass du mich ertränktest, denn nun bin ich reich! Mir war bange, als ich im Sacke steckte, und der Wind pfiff mir um die Ohren, als du mich von der Brücke hinunter in das kalte Wasser warfst. Ich sank sogleich zu Boden, aber ich stieß mich nicht, denn da unten wächst das schönste, weiche Gras. Darauf fiel ich, und sogleich wurde der Sack geöffnet, und das lieblichste Mädchen, in schneeweißen Kleidern und mit einem grünen Kranz um das Haar, nahm mich bei der Hand und sagte: „Bist du da, kleiner Klaus? Da hast du zuerst einiges Vieh; eine Meile weiter auf dem Wege steht noch eine ganze Herde, die ich dir schenken will!“

Nun sah ich, dass der Fluss eine große Landstraße für das Meervolk bildete. Unten auf dem Grunde gingen und fuhren sie gerade von der See her und ganz hinein in das Land, bis wo der Fluss endet. Da waren die schönsten Blumen und das frischeste Gras; die Fische schossen mir an den Ohren vorüber, geradeso wie hier die Vögel in der Luft. Was gab es da für hübsche Leute, und was war da für Vieh, das an den Gräben und Wällen weidete!“ „Aber warum bist du gleich wieder zu uns heraufgekommen?“ fragte der große Klaus. „Das hätte ich bestimmt nicht getan, wenn es so schön dort unten ist.“ „Ja“, sagte der kleine Klaus, „das ist gerade klug von mir gehandelt. Du hörst ja wohl, dass ich dir erzähle: Die Seejungfrau sagte mir, eine Meile weiter auf dem Wege – und mit dem Wege meinte sie ja den Fluss, denn sie kann nirgends Anders hinkommen – stehe noch eine ganze Herde Vieh für mich. Aber ich weiß, was der Fluß für Krümmungen macht, bald hier, bald dort, das ist ein weiter Umweg. Nein, so macht man es kürzer ab, wenn man hier auf das Land kommt und treibt querüber wieder zum Fluße; dabei spare ich eine halbe Meile und komme schneller zu meinem Vieh!“

„Oh, du bist ein glücklicher Mann!“ sagte der große Klaus. „Glaubst du, dass ich auch Seevieh erhielte, wenn ich einmal tief bis auf den Grund des Flusses käme?“ „Ja, das denke ich wohl“, sagte der kleine Klaus, „aber ich kann dich nicht im Sacke zum Flusse tragen, du bist mir zu schwer! Willst du selbst dahingehen und dann in den Sack kriechen, so werde ich dich mit dem größten Vergnügen hineinwerfen.“ „Ich danke dir“, sagte der große Klaus. „Aber erhalte ich kein Seevieh, wenn ich hinunterkomme, so glaube mir, werde ich dich so prügeln, wie du noch nie geprügelt worden bist.“ „Oh nein, mache es nicht so schlimm!“ Und da gingen sie zum Flusse hin. Als das Vieh Wasser erblickte, lief es, so schnell es nur konnte, durstig hinunter zum Trinken. „Sieh, wie es sich sputet!“ sagte der kleine Klaus. „Es verlangt danach, wieder auf den Grund zu kommen!“ „Ja, hilf mir nur erst“, sagte der große Klaus, „sonst bekommst du Prügel!“ Und so kroch er in den großen Sack, der quer über dem Rücken eines der Stiere gelegen hatte. „Lege einen Stein hinein, ich fürchte, dass ich sonst nicht untersinke“, sagte der große Klaus. „Es geht schon!“ sagte der kleine Klaus, legte aber doch einen großen Stein in den Sack, knüpfte das Band fest zu, und dann stieß er daran. Plumps! Da lag der große Klaus in dem Flusse und sank sogleich hinunter auf den Grund. „Ich fürchte, er wird das Vieh nicht finden! Aber er zwang mich ja dazu!“ sagte der kleine Klaus und trieb dann heim mit dem, was er hatte.

Hans Christian Andersen 

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