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"Das Leben besteht nicht darin, zu warten, dass der Sturm vorbeizieht, sondern zu lernen, im Regen zu tanzen."

Der Wurzelgallertedisput | Ein Märchen aus Japan

Der Wurzelgallertedisput - ein Märchen aus Japan
Der Wurzelgallertedisput - ein Märchen aus Japan
Einmal lebte irgendwo in einem einsam gelegenen Tempel ein wegen seiner Weisheit weit und breit berühmter Priester. Wandernde Bonzen kehrten oft bei ihm ein, um die Nacht im Disput mit dem gelehrten Mann zu verbringen. Nun musste er einstmals einen wichtigen Gang über Land machen und überlegte, wem er für die Zeit seiner Abwesenheit die Obhut über den Tempel anvertrauen könnte. Schließlich fiel seine Wahl auf den Wurzelgallertehändler Hachibe, einen schweigsamen Mann. Er hieß ihn die Priesterrobe anlegen und schärfte ihm nachdrücklich ein, etwaigen Besuchern keine Antworten auf ihre Fragen, welcher Art sie auch seien, zu geben, sondern in tiefem Schweigen zu verharren.

Damals kam nun gerade ein wandernder Priester, selbst ein hochgelehrter Mann, der den Ruf von der Weisheit seines Amtsgenossen vernommen hatte, dorthin in der Absicht, sich mit ihm im Disput zu messen, und voller Hoffnung, den Sieg in diesem Rededuell davonzutragen. Als er den Tempel betrat, sah er dort den Wurzelgallertehändler Hachibe schweigend, wie in tiefer Meditation versunken, sitzen, und da dieser kein Wort an ihn richtete, so glaubte er, er sei in der Ausführung einer schweigenden Bußübung begriffen.

Voll ehrfĂźrchtiger Scheu näherte er sich ihm und nahm gleichfalls schweigend ihm gegenĂźber Platz. Dann beschrieb er mit dem Finger einen Kreis und wollte damit die Frage stellen: „Unseres Herrn Buddha Herz…?“

Hachibe dachte: „Was mag er wohl meinen?“ und breitete dann beide Arme seitwärts aus.
Der Priester aber glaubte, er wolle damit sagen: „…ist groß wie der weite Ozean“, und war von der Antwort befriedigt. Nun streckte er beide Hände mit gespreizten Fingern aus, um so zu fragen: „Das gesamte Weltall…?“

Zur Antwort streckte ihm Hachibe eine Hand mit ebenfalls gespreizten Fingern entgegen. Der Priester glaubte, dies solle bedeuten: „…verharrt in den fĂźnf TodsĂźnden“, und nickte dazu befriedigt. Dann zeigte er drei Finger, um damit zu sagen: „Die drei Inkarnationen des Amida…?“

Auf diese Frage antwortete Hachibe damit, dass er nach Art von Kindern wie zum Zeichen der Schadenfreude mit einem Finger das untere Augenlid nach unten zog. Der mehr und mehr eingeschĂźchterte Priester schwieg betroffen, und da er glaubte, Hachibe hätte ihm damit sagen wollen: „…suche sie in dir selbst“, räumte er beschämt das Feld, denn er dachte, jener wolle damit sagen: „StĂśre mich nun nicht länger in meiner Meditation!“

Bei seiner RĂźckkehr erfuhr der Priester, was sich zugetragen hatte, und war mit seinem Stellvertreter zufrieden. Er fragte Hachibe, was er sich bei den Fragen des Wanderpriesters gedacht habe und was er mit seinen Antworten gemeint habe.

Hachibe sagte lachend: „Ach, das war ganz einfach. Jener Bonze hatte es natĂźrlich gleich herausbekommen, was fĂźr ein Geschäft ich betreibe. Er machte mit den Fingern einen Kreis. Damit meinte er natĂźrlich: ‚;Wie groß sind deine Gallertewurzeln?‘ Ich zeigte ihm beide Handflächen. Das sollte heißen: ‚So groß sind sie.‘ Dann streckte er alle zehn Finger aus und meinte damit natĂźrlich: ‚Wie viel kosten zehn StĂźck?‘ Ich gab ihm mit fĂźnf ausgestreckten Fingern zu verstehen, dass ich fĂźnfhundert Mon dafĂźr verlange, und der Bonze ließ mich durch drei ausgestreckte Finger wissen, dass ich den Preis auf dreihundert Mon ermäßigen solle. Nun, darauf antwortete ich ihm, indem ich ‚Akambei‘ machte, um ihm zu zeigen, dass ich sein Angebot lächerlich fände. Na, da war er ganz klein geworden und machte sich beschämt auf die Beine.“

Ein Märchen aus Japan 

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