🎄 Der alte Weihnachtsbaumständer | Geschichten zur Adventzeit

Der alte Weihnachtsbaumständer - Adventgeschichte
Novellen - Kurzgeschichten - BĂźcher - Daniela Noitz

Beim Aufräumen des Dachbodens – ein paar Wochen vor Weihnachten – entdeckte der Familienvater in einer Ecke einen ganz verstaubten, uralten Weihnachtsbaumständer. Es war ein besonderer Ständer mit einem Drehmechanismus und einer eingebauten Spielwalze. Beim vorsichtigen Drehen konnte man das Lied „O du frĂśhliche“ erkennen. Das musste der Christbaumständer sein von dem Großmutter immer erzählte, wenn die Weihnachtszeit herankam. Das Ding sah zwar fĂźrchterlich aus, doch kam dem Familienvater ein wunderbarer Gedanke. Wie wĂźrde sich Großmutter freuen, wenn sie am Heiligabend vor dem Baum sitzt und dieser sich auf einmal wie in vergangener Zeit zu drehen anfängt und dazu „O du frĂśhliche“ spielt. Nicht nur Großmutter, die ganze Familie wĂźrde staunen.
So nahm er den Ständer und schlich ungesehen in seinen Bastelraum. Jeden Abend zog er sich geheimnisvoll nun in seinen Bastelraum zurßck und verriegelte die Tßr. Eine grßndliche Reinigung und eine neue Feder, dann sollte der Ständer wie neu sein.

NatĂźrlich fragte die Familie, was er dort treiben wĂźrde und er antwortete jedes mal nur: „WeihnachtsĂźberraschung“. Kurz vor Weihnachten sah der Weihnachtsbaumständer aus wie neu. Jetzt noch schnell einen prächtigen Weihnachtsbaum besorgt, so um die zwei Meter hoch und wieder verschwand der Vater in seinem Hobbyraum. Er stellt den Baum in den Ständer und fĂźhrte einen Probelauf durch. Alles bestens, was wĂźrde Großmutter fĂźr Augen machen. Nun endlich war es Heiligabend. Der Vater bestand darauf den Weihnachtsbaum alleine zu schmĂźcken, er hatte extra echte Baumkerzen besorgt, damit alles stimmte. „Die werden Augen machen!“ sagte er bei jeder Kugel, die er in den Baum hing. Als er fertig war, ĂźberprĂźfte er noch einmal alles, der Stern von Bethlehem war oben auf der Spitze, die Kugeln waren alle angebracht, Naschwerk und Wunderkerzen hingen hĂźbsch angeordnet am Baum und Engelhaar und Lametta waren hĂźbsch untergebracht. Die Feier konnte beginnen!

FĂźr die Großmutter stellte er den großen Ohrensessel parat, die anderen StĂźhle stellte der Vater in einem Halbkreis um den Tannenbaum. Jetzt fĂźhrte der Vater die Großmutter feierlich zu ihrem Platz, die Eltern setzten sich neben ihr und ganz außen saßen die Kinder. „Jetzt kommt die große WeihnachtsĂźberraschung“, verkĂźndete er, lĂśste die Sperre am Ständer und nahm ganz schnell wieder seinen Platz ein. Langsam begann der Weihnachtsbaum sich zu drehen und hell erklang von der Musikwalze „O du frĂśhliche“. War das eine Freude! Die Kinder klatschten in die Hände und Oma hatte vor RĂźhrung Tränen in den Augen. Sie brachte immer wieder nur „Wenn Großvater das noch erleben kĂśnnte, dass ich das noch erleben darf!“ hervor. Mutter war stumm vor Staunen.
Eine Weile schaute die Familie entzĂźckt und stumm auf den im Festgewand drehenden Weihnachtsbaum, als ein schnarrendes Geräusch sie jäh aus ihrer Versunkenheit riss. Ein Zittern durchlief den Baum, die bunten Weihnachtskugeln klirrten wie kleine GlĂśckchen. Nun begann der Baum sich immer schneller an zu drehen. Die Musikwalze hämmerte los. Es hĂśrte sich an als wollte „O du frĂśhliche“ sich selbst Ăźberholen.

Mutter schrie laut auf. „So unternimm doch was!“ Vater saß aber wie versteinert auf seinem Stuhl und starrte auf dem Baum, der seine Geschwindigkeit immer weiter steigerte.
Mittlerweile drehte er sich so schnell. dass die Flammen hinter ihren Kerzen wehten. Großmutter bekreuzigte sich und betete, und murmelte nur noch: „Wenn das Großvater noch erlebt hätte.“
Als erstes lĂśste sich der Stern von Bethlehem, sauste wie ein Komet durch das Zimmer, klatschte gegen den TĂźrrahmen und fiel auf den Dackel, der dort gerade ein Nickerchen hielt. Der Dackel flitzte wie von der Tarantel gestochen in die KĂźche und schielte in Sicherheit um die Ecke.
Lametta und Engelhaar hatten sich erhoben und schwebten, wie ein Kettenkarussell am Weihnachtsbaum.

Vater erwachte aus seiner Starre und gab das Kommando: „Alles in Deckung!“ Ein Goldengel trudelte losgelĂśst durchs Zimmer, nicht wissend, was er mit seiner plĂśtzlichen Freiheit anfangen sollte. Weihnachtskugeln, der SchokoladenschmĂźck und andere Anhängsel sausten wie Geschosse durch das Zimmer und platzten beim Aufschlagen auseinander.
Die Kinder hatten hinter der Großmutters Sessel Schutz gefunden. Vater und Mutter lagen flach auf dem Bauch, den Kopf mit den Armen schĂźtzend. Mutter jammerte in den Teppich. „Alles umsonst, die viele Arbeit, alles umsonst!“ Vater wollte sich vor Peinlichkeit am liebsten unter dem Teppich verstecken. Oma saß immer noch auf ihrem Logenplatz, wie erstarrt, von oben bis unten mit Engelhaar und Lametta geschmĂźckt. Ihr kam Großvater in den Sinn, als dieser 1914 – 18 in den Ardennen im feindlichen Artilleriefeuer gelegen hatte. Genauso musste es gewesen sein, als gefĂźllter Schokoladenbaumschmuck an ihrem Kopf explodierte, registrierte sie trocken “ Kirschwasser” und murmelte: “ Wenn Großvater das noch erlebt hätte!” Zu allem jaulte die Musikwalze im Schlupfakkord „O du frĂśhliche“ , bis mit einem ächzenden Ton der Ständer seinen Geist aufgab.
Durch den plĂśtzlichen Stopp neigte sich der Christbaum in Zeitlupe, fiel auf’s kalte BĂźffet, die letzten Nadeln von sich gebend. Totenstille! Großmutter, geschmĂźckt wie nach einer New Yorker Konfettiparade, erhob sich schweigend. KopfschĂźttelnd begab sie sich, eine Lamettagirlande, wie eine Schleppe tragend, auf ihr Zimmer. In der TĂźr stehend sagte sie: „Wie gut, dass Großvater das nicht erlebt hat!“
Mutter, vĂśllig aufgelĂśst zu Vater: „Wenn ich mir die Bescherung ansehe, dann ist deine große Überraschung wirklich gelungen.“
Andreas meinte nur: „Du, Papi, das war echt stark! Machen wir das jetzt Weihnachten immer so?“Autor: unbekannt 

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