Der trauernde Schullehrer | ein arabisches MĂ€rchen aus 1001 Nacht

FĂŒr Liebhaber*innen guter Literatur:
Jetzt ansehen â
Zu BĂŒchern Amazon â
Als ich in sein Zimmer kam, saĂ er da ganz allein mit verbundenem Haupte. Ich sagte: „Gott vergröĂere deinen Lohn in jener Welt! das ist ein Weg, den Jeder betreten muss, du musst dein UnglĂŒck standhaft tragen.“ Dann fragte ich ihn: „Hast du deinen Vater verloren?“ – „Nein.“ – „Ist deine Mutter gestorben?“ – „Nein.“ – „Dein Bruder?“ – „Nein.“ – „Sonst ein naher Verwandter?“ – „Nein.“ – „Wer denn?“ – „Meine Geliebte.“ – „Du kannst schon wieder eine andere finden, schöner als sie war.“ – „Wisse, dass ich sie nie gesehen noch gehört habe.“ – „Das ist sonderbar, wie konntest du sie denn lieben?“ – „Ich saĂ am Fenster und hörte, wie ein VorĂŒbergehender folgenden Vers sang:
„O Mutter Amrus, Gott möge dich dafĂŒr belohnen! Gib mir doch mein Herz wieder, wie es war.
„Da dachte ich, wĂ€re die Mutter Amrus nicht die ausgezeichnetste Frau in der Welt, so wĂŒrde man keine solche Verse fĂŒr sie dichten, darum liebte ich sie. Nach zwei Tagen sah ich wieder denselben Mann vorĂŒbergehen, und er sang folgenden Vers:
Als der Esel die Mutter Amrus wegtrug, kehrte der Esel allein zurĂŒck ohne sie.“
„Aus diesem Verse schloss ich, dass sie gestorben sein mĂŒsse, und darum traure ich schon drei Tage um sie.“ Als ich dies hörte – fĂ€hrt der ErzĂ€hler fort – lieĂ ich ihn sitzen und ging weg, erstaunt ĂŒber seinen Blödsinn, denn nur ein Thor kann eine Frau lieben, die er nie gesehen.
aus 1001 NachtÂ