Das japanische Märchen „Der dankbare Japan“ erzählt die Geschichte von Hanako, einem Mädchen mit einem guten Herzen, das durch seine Freundschaft zu einem Kastanienbaum den Zauber brechen kann, der ein Schiff am Strand festhält. Durch ihren Mut und ihre Güte wird Hanako reich beschenkt und kann nun sorglos mit ihrer Mutter leben.
Der dankbare Baum
In einem Fischerdorf wohnte einmal ein armes Mädchen mit seiner Mutter. Nach dem Tode des Mannes, war die Frau verarmt und führte nun im Dorf ein bescheidenes Leben. Das Mädchen hiess Hanako. Es hatte ein gutes Herz, war zu allen freundlich und es half ihrer Mutter, so gut es konnte. Als die Mutter jedoch immer älter wurde, beschloss Hanako, sich einen Dienst zu suchen, damit sie wenigstens ein bisschen Geld für das Nötigste im Leben hatten. Zu ihrer neuen Anstellung in der Stadt musste sie eine Stunde laufen. Sie ging jeden Tag im Morgengrauen los und kehrte erst in der Dämmerung zurück. In einem Bündel brachte sie ein wenig Essen mit, das sie tagsüber aufgespart hatte.
Der Weg in die Stadt war anstrengend, vor allem, wenn es im Herbst stürmte oder im Winter, wenn es kalt war. Doch Hanako genoss ihre Wanderung jeden Tag. Sie kannte jedes Vogelnest und jede Blume am Wegesrand. Am liebsten jedoch war ihr ein hoher Kastanienbaum mit breiter Krone, der auf halbem Weg zum Dorf stand. Schon von weitem sah Hanako den mächtigen Stamm des Baumes und war froh, die Hälfte des Weges hinter sich zu haben. Bald schloss sie Freundschaft mit dem Kastanienbaum und sie begann ihm zu erzählen, was sie den Tag über erlebt hatte. Sie berichtete auch von der Mutter, deren Beine so schwach waren und während sie so plauderte, strich sie sanft über die alte rissige Rinde des Baumes und schob die trockenen Blätter und Zweige beiseite, die der Wind über die Wurzeln geweht hatte.
Drei Jahre lang plauderte die kleine Hanako Tag für Tag mit dem Baum, und mit der Zeit vergass sie ganz, dass er ein anderes Wesen war als sie. Er war zu ihrem besten Freund geworden, mit dem sie Freude und Leid teilen konnte.
Eines Abends kam sie besonders spät von der Arbeit nach Hause, im Arm das Bündel mit Essen für die Mutter. Schon von weitem schaute sie nach dem Baum, doch heute würde sie nicht mit ihm plaudern können, aber seine Rinde streicheln, dafür würde die Zeit vielleicht reichen. Sie sah nicht, wie die Wolken am Himmel immer dunkler wurden und als die ersten Tropfen fielen, erreichte sie gerade noch den Baum, um unter seiner breiten Krone Schutz zu finden. Sie lehnte sich gegen den Stamm und lauschte auf das Prasseln der Regentropfen.
Auf einmal war es, als würde sie zwischen der Musik der Regentropfen eine Stimme vernehmen: «Liebe Hanako, in drei Tagen kommen die Holzknechte des Fürsten und werden mich fällen. Deshalb müssen wir Abschied nehmen. Aus meinem Stamm soll ein grosses Schiff gebaut werden. In drei Monaten wird es ein grosses Fest geben im Dorf und sogar der Fürst wird kommen zum Stapellauf. Jetzt, wo wir Abschied nehmen, möchte ich mich für deine Freundschaft bedanken und dir auf meine Weise helfen, dass dein Schicksal sich zum Guten wendet. Doch du musst tun, was ich dir jetzt sage: Wenn das Schiff aufs Wasser gebracht wird, wird es sich durch keine Kraft bewegen lassen. Der Fürst wird schliesslich dem, der das Schiff aufs Wasser bringt, eine grosse Belohnung versprechen. In diesem Moment sollst du an mich herantreten und flüstern: «Ich bin es, Hanako. Ich bin zu dir gekommen.» In diesem Moment wird das Schiff wie von allein auf das Wasser gleiten.»
Als der Baum zu Ende gesprochen hatte, da hörte auch der Regen auf, und der Himmel war wieder klar. Hanako aber wunderte sich. Sicher habe ich nur geträumt, denn selbst wenn der Baum mein bester Freund ist, so hat er doch keine Stimme, um mit mir zu sprechen. Sie strich noch einmal liebevoll über den Stamm, nahm ihr Bündel auf und eilte nach Hause. In der Nacht aber hatte sie einen Traum: Ihr Kastanienbaum sollte gefällt werden. Am nächsten Morgen war sie traurig, als sie zum Baum kam und sie sprach: «Wenn ich dich nicht mehr habe, mit wem sollte ich dann sprechen?»
Als Hanako am dritten Tag auf dem Heimweg war, hielt sie vergeblich Ausschau nach der grossen Krone ihres Freundes. Erschrocken lief sie weiter, die Holzfäller standen dort, wo der grosse Baum gestanden hatte, und hackten die letzten Äste des gefällten Riesen ab. Hanako streichelte traurig ein letztes Mal die Rinde des Baums und ging langsam nach Hause.
An diesem Abend sang sie kein lustiges Lied und beständig musste sie an den Baum denken. Doch alles kam so, wie der Baum vorausgesagt hatte. Die Handwerker arbeiteten Tag und Nacht, sie zersägten den Stamm zu glatten Balken und begannen ein grosses Schiff zu bauen.
Nach drei Monaten stand das herrliche Schiff am Meeresstrand, und es duftete nach Holz und Sonne. Ein grosses Fest wurde veranstaltet, die Menschen zogen ihre schönsten Kleider an. Es wurden Reiskuchen, Fladenbrote und frische Fische verkauft. Das ganze Dorf war geschmückt und man wartete nur noch auf den Fürsten, der schliesslich mit grossem Gefolge herbeiritt. Es waren so viele Menschen am Strand, dass noch nicht einmal ein Reiskorn zwischen ihren Füssen hätte zu Boden fallen können.
Das Schiff stand majestätisch da und die Arbeiter schoben mit allen Kräften – das Schiff bewegte sich nicht. Was nützt das herrlichste Schiff, wenn es nicht auf dem Wasser schwimmt? Alles Schreien und Antreiben nützte nichts, das Schiff blieb, wo es war, auch wenn das halbe Dorf versuchte zu schieben.
Schliesslich liess der Fürst verkünden, dass derjenige, der den Zauber löse und das Schiff aufs Wasser bringen könne, eine grosse Belohnung erhalten würde. Viele starke Männer meldeten sich, die im ganzen Lande berühmt waren, aber auch schlaue Mönche und gerissene Scharlatane. Jeder versuchte es auf seine Weise, doch keiner hatte Erfolg. Das Schiff stand am Strand.
Die kleine Hanako stand unter den vielen Menschen und sah alles. Wie sollte sie dem Rat des Baumes folgen, wenn so viele fremde Menschen da waren? Bestimmt würde man sie auslachen. Doch schliesslich dachte sie daran, dass bisher alles, was der Baum gesagt hatte, in Erfüllung gegangen war und sie nahm allen Mut zusammen, ging zu dem Platz vor dem Schiff, verneigte sich tief und sprach: «Ich möchte versuchen, den Zauber von dem Schiff zu nehmen.»
Es war so, wie sie befürchtet hatte: Alle lachten. «Geh nach Hause und pass auf, dass dir nichts passiert», riefen sie. «Du stehst hier nur im Wege herum!»
Aber die Nachbarn des Mädchens, die sich auch unter den Zuschauern befanden, sagten: «Hanako ist ein gutes Mädchen, lasst sie es doch versuchen!»
Da trat Hanako an das Schiff heran, streckte die Hand aus und flüsterte: «Ich bin es, Hanako. Ich bin zu dir gekommen.» Vor Aufregung aber sprach sie sehr leise und schliesslich streichelte sie über das glatte Holz des Schiffes, wurde ruhiger und sprach: «Ich bin es, Hanako. Ich bin zu dir gekommen.» Kaum hatte sie das gesagt, da setzte sich das Schiff in Bewegung und glitt von allein auf das Wasser.
War das eine Freude! Der Fürst liess Hanako zu sich rufen, denn sie sollte ihm sagen, was sie sich zur Belohnung wünschte.
Hanako aber erzählte ihm von ihrer Freundschaft mit dem Baum und von dem Leben mit ihrer alten Mutter. Dem Fürsten gefiel das bescheidene und liebe Mädchen, und er beschenkte sie so reich, dass sie von nun an mit ihrer Mutter zufrieden und sorglos leben konnte.
Märchen aus Japan
Die Magie der Dankbarkeit – Ein japanisches Märchen
Ein armes Mädchen namens Hanako findet in einem Kastanienbaum ihren besten Freund. Dieser spricht eines Tages zu ihr und sagt, dass er gefällt werden wird, um ein Schiff zu bauen. Das Schiff soll schließlich bei einem Fest zum Stapellauf gebracht werden. Hanako erfährt, dass derjenige, der das Schiff aufs Wasser bringt, eine große Belohnung erhält. Als alle anderen scheitern, erinnert sich Hanako an die Worte des Baums und flüstert sie dem Schiff zu. Es gleitet wie von selbst ins Wasser und Hanako erhält eine großzügige Belohnung, mit der sie sich und ihre Mutter versorgen kann.
Dieses Märchen aus Japan zeigt, wie wichtig Dankbarkeit und Vertrauen in unser Leben sind. Wir sollten uns immer an das Gute erinnern, das uns widerfahren ist, und uns auf die Zukunft freuen, auch wenn sie unsicher ist. Die Geschichte lehrt uns auch, dass wir uns selbst treu bleiben sollten, auch wenn uns andere belächeln oder nicht an uns glauben.
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